nein, es geht nicht, wie man dem Titel nach vielleicht vermuten könnte, um einen seltenen Asterix-Raubdruck. Es geht vielmehr um eine Sammlung von Arbeitsblättern, die das Bayerische Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst unter dem Titel "Comics in Deutsch und Kunsterziehung" herausgegeben hat. Bearbeiter sind Karl Füssl und Wolfgang Bauer. Gedacht ist das Material für Jahrgang 6 der Hauptschule. Ein Erscheinungsjahr findet sich nicht im Impressum, das jüngste in den Literaturangaben zitierte Werk stammt aber von 1995, folglich muß dieses Arbeitsmaterialien-Heft jünger sein,
Der Grund, warum ich über dieses Heft schreibe ist der, daß Asterix darin mehrfach vorkommt. Das ist zunächst nichts besonderes, da man in einer Unterrichtseinheit zu Comics Asterix kaum unerwähnt lassen kann. Nur ist einer der Texte zu Asterix derartig unfreiwillig komisch, daß ich ihn Euch nicht vorenthalten wollte:
Den Asterix von 1947 möchte ich sehen.Arbeitsblatt 13 hat geschrieben:Zwar ist die Comics-Figur des gallischen Zwerges Asterix schon in einer 1947 veröffentlichten Comics-Reihe von Zeichner Alberto Uderzo zu erkennen. Zu Weltruhm gelangten die Uderzo-Schöpfungen aber erst 1959. Damals tauchte der von René Goscinny getextete Uderzo-Strip als regelmäßiger Bestandteil der soeben gegründeten Comic-Zeitschrift »Pilote« an den französischen Kiosken auf.

Eine zweite Passage ist sehr "interessant":
Unglaublich, wie man soviel für die Asterix-Serie unwichtiges Zeug zusammenschreiben kann, ohne die wesentliche Information zu bringen. Wen interessiert es, wann das Heft (der Verlag dürfte wohl von -anfang an Ehapa gehießen haben...) gegründet und wann es wie umbenannt wurde? Für die Asterix-Serie wäre wohl bedeutend wichtiger, wann sie zuerst in Deutschland erschienen ist. Nun habe ich ein gewisses Verständnis dafür, daß man die Kauka-Fassung von 1965/66 nicht für vermittelnswert hält. Aber das Jahr 1967 sollte im zusammenhang mit den MV Comix wohl fallen.Arbeitsblatt 13 hat geschrieben:In Heftchenform wurde »Asterix« im deutschsprachigen Europa durch den 1962 gegründeten Disney-Verlag »Mickyvision« bekannt, in dem zunächst Disney-Film- und TV-Abenteuerreihen gemacht wurden. 1966 hieß das Heft dann »MV 66«. 1969, nachdem eingedeutschte »Asterix«-Abenteuer Aufnahme gefunden hatten, wurde das ehemalige »Mickyvision-Heft« nochmals umgetauft, diesmal in »MV-Comix«.
Schon erstaunlich, was für schwaches, z.T. falsches Unterrichtsmaterial im heutigen PISA-Vorzeigebundesland Bayern so von offizieller Stelle herausgegeben wird. Allerdings muß man den Autoren des Heftes zugute halten, daß es sich laut Vermerk offenbar um eine 1:1-Übernahme aus einem Werk "Comics. Unterrichtsvorschläge für das 4.-6- Schuljahr" von 1981 handelt. Dieses Werk kenne ich nicht.
Ebenfalls daraus übernimmt das mir vorliegende Heft ein Uderzo-Interview, von dem ich doch stark bezweifeln möchte, daß es echt ist, also Uderzo diese Antworten gegeben hat. Möglicherweise wurden die Antworten ihm mit seiner Zustimmung in den Mund gelegt, weil die Schüler besser aufpassen,wenn der Asterix-Autor das Wissen "vermittelt". Aber der Text ist einfach unglaubwürdig. Bezeichnenderweise steht denn auch keine Angabe dabei, von wann das Interview stammen soll. Allerdings kann man dem Text entnehmen, daß es aus einer Zeit stammen sollen muß, in der Goscinny noch lebte. 2 Beispiele, an denen man besonders deutlich sehen kann, was ich meine:
1. Auf die Frage, ob er alle Figuren selbst zeichne, soll Uderzo geantwortet haben:
Das trifft doch bestenfalls auf die Herstellung eines Zeichentrickfilmes zu. Von den Comics wissen wir durch die Skizzenbände, daß Uderzo jedes Bild selbst zeichnet. Für den Einsatz von Schablonen ist da kein Raum. Das mag bei Sekundärprodukten so sein, nicht aber bei den Comics. Hätte Uderzo also so geantwortet?Arbeitsblatt 15a hat geschrieben:Ich habe alle Figuren selbst erfunden und entworfen, d.h. ich habe bestimmt, wie sie ausehen müssen und welche Kleider sie tragen. Heute arbeiten meine Mitarbeiter natürlich mit Schablonen.
2. Auf die Frage nach dem Verlauf der Entstehungsgeschichte eines Comics soll Uderzo geantwortet haben:
Klingt das nach der Arbeit von Albert Uderzo oder dem Entstehungsprozeß eines Asterix-Comics, egal welchen Jahres? Ich glaube wohl kaum.Arbeitsblatt 15a hat geschrieben:Mit unserem gemeinsam erarbeiteten Konzept kommen wir in die Redaktionssitzung. Hier werden unsere Geschichten zur Diskussion gestellt. Nachdem wir uns über die wichtigsten Punkte einig geworden sind, stellen Zeichner die ersten groben Bildskizzen her. Diese nennt man Scribble. Die wichtigsten Dialoge werden dazugeschrieben. Nach einer weiteren Redaktionssitzung wird das Drehbuch geschrieben. Darin werden detaillierte Angaben zur Handlung, Bilderfolgen und Dialoge festgehalten. [...]
Gruß
Erik