Hallo,
kürzlich habe ich die beiden Hefte - Heimatblatt Nr. 14 "Adolf Kabatek und die Comics" sowie das gleichnamige Begleitheft zur Ausstellung - per Post erhalten. Die nette Dame vom Stadtmuseum Gerlingen hatte meine E-Mail-Anfrage an das Stadtarchiv, das anscheinend vom Verein für Heimatpflege Gerlingen e.V. betrieben wird, weitergeleitet. Von dort aus hat man mir beide Hefte zugesandt. Ob dies ein allgemein vorgesehener Service ist oder eine Ausnahme, die man für mich im Einzelfall gemacht hat, weiß ich aber nicht. Hinten im Heimatblatt Nr. 14 steht drin: "Erhältlich im Stadtarchiv und Stadtmuseum für 5,00 €". In dem Begleitheft steht zu dem Vertrieb überhaupt nichts drin. Auch auf der Internetseite des Vereins für Heimatpflege, auf der das Heft über Adolf Kabatek unter "Publikationen" aufgeführt ist, habe ich keine Angaben über eine vorgesehene Versandmöglichkeit gefunden. Dort steht lediglich "im Stadtarchiv erhältlich, wenn nicht vergriffen":
https://heimatpflegeverein-gerlingen.de ... ionen.html
Vor diesem Hintergrund bin ich besonders glücklich, dass man meine E-Mail-Anfrage dort so freundlich aufgenommen hat und ohne weiteres bereit war, die Hefte gegen Rechnung zu versenden.
Inhaltlich ist es allerdings so, dass beide Hefte - deren Cover hänge ich an den Beitrag an - nahezu gleichen Inhalts sind (was man mir zuvor nicht gesagt hatte, für mich als Sammler aber an der Bestellung auch nichts geändert hätte). Dem Geleitwort des Heimatblattes ist zu entnehmen, dass das Begleitheft die Basis des Heimatblattes ist, so dass wohl das Begleitheft die ursprüngliche Publikation darstellt. Das passt dazu, dass das Heimatblatt hinten ein paar zusätzliche Seiten hat, namentlich je eine mit kleinen Bildern aus der Ausstellung und von der Eröffnungsveranstaltung sowie den Abdruck eines die Ausstellung ankündigenden Zeitungsartikels aus dem Gerlinger Anzeiger vom 02.07.2021.
Das - mit 5,00 € um 2,00 € teuerere Heft gegenüber dem Begleitheft - ist auch sonst die bei weitem hochwertigere Ausgabe, was Papierqualität, Einband (fester Hochglanzkarton) und Druckqualität angeht. Das Begleitheft macht einen eher semi-professionellen Eindruck. Das Cover des Begleitheftes, das weitgehend identisch mit dem Ausstellungsplakat ist, erscheint leicht unscharf. Allerdings zeigt es immerhin passend zum Thema Adolf Kabatek, anders als das Heimatblatt. Ebenfalls benennt das Begleitheft den Autoren der Texte und das Erscheinungsjahr klar auf dem Innentitel. Das Heimatblatt hingegen weist auf dem Cover weder Autor, Heftnummer oder Erscheinungsjahr aus; dies ergibt sich mangels Innentitelseite allein aus einer Übersicht der bisherigen Heimatblatt-Ausgaben auf dem Backcover sowie aus dem Heftinhalt.
Diesem entnimmt man, dass die Ausstellung initiiert und konzeptioniert wurde von Prof. Dr. Johannes Kabatek, einem Sohn Adolf Kabateks und Hochschullehrer für Romanistik in Zürich. Er ist zugleich Autor der Auststellungstexte sowie des Begleitheftes - und damit auch des Heimatblattes.
Die Frage, welche Nullnullsix oben gestellt hat, ob der Ausstellungskatalog sich für Leute lohnt, die sich für Asterix, Lucky Luke u.ä., aber nicht für Disney interessieren, würde ich mit einem "Eher ja" beantworten. Es kommt allerdings auf die Reichweite des Interesses an den Hintergründen an.
Inhaltlich geht es um das Leben und Wirken Adolf Kabateks von seiner Vertreibung mit 13 Jahren aus dem Sudenland über die Schulzeit in der Ostzone und, nach der Flucht in den Westen, seine Tätigkeit im Ehapa-Verlag. Bei letzterer hat Disney natürlich eine große Rolle gespielt und steht insofern auch in den Texten vielfach im Fokus. Die Lebensgeschichte des Mannes, der Asterix - unter diesem Namen - nach Deutschland geholt und viele Jahre verlegerisch betreut hat, ändert sich aber ja nicht, wenn man sie aus dem Blickwinkel eines vorrangig an Asterix-, Lucky Luke- etc.-Interessierten liest.
Sehenswert sind auch eine Reihe von Abbildungen etwa mit Fotos, die Adolf Kabatek gemeinsam mit Goscinny und Uderzo zeigen oder einem kurzen Schreiben von Albert Uderzo, in dem er Adolf Kabatek zur Lancierung des Asterix-Rätselmagazins "Knobelix" gratuliert. Insgesamt ist das Heft sehr reich bebildert, wenn auch der Zusammenhang zwischen Text und Bildern teilweise etwas enger sein könnte (z.B. sind teilweise Presseartikel oder Ausschnitte daraus abgebildet, ohne dass der Bezug näher erläutert wird).
Es gibt auch zu Asterix ein eigenes Kapiel in dem Heft. Dieses ist allerdings textlich vergleichsweise kurz und enthält nicht allzuviele Informationen. Interessant - wenn inhaltlich m.E. auch hochproblematisch - fand ich ihn gleichwohl; aus folgendem Grund:
Einen Großteil des Textes im Asterix-Kapiel macht Adolf Kabateks Arbeit an den Übersetzungen aus. Insbesondere hier - das zieht sich aber auch sonst durch das ganze Heft - wird deutlich, dass Adolf Kabatek die Urheberschaft für die deutsche Asterix-Übersetzung und deren großen Erfolg für sich reklamiert. Die Arbeit von Grudrun Penndorf wird durchgehend allein als "Rohübersetzung" bezeichnet, der Adolf Kabatek den Witz und die Sprüche verpasst habe. Ganz konket wird in einem undatierten Text von Adolf Kabatek die Ersetzung des im MV Comix abgedruckten Spruchs "Ui sind die Römer doof!" durch "Die spinnen, die Römer!" und damit die Urheberschaft dieses berühmten Spruchs ihm zugeordnet.
Erwähnt wird in diesem Zusammenhang kurz der Rechtsstreit mit Gudrun Penndorf, der in einem Vergleich geendet habe. Hierbei sei es um die Frage der Autorenschaft der Übersetzungen gegangen. Für Adolf Adolf Kabatek sei es bitter gewesen, in den letzten Lebensjahren um die Anerkennung seines Lebenswerkes kämpfen gemusst zu haben. Er habe sich von seiner ehemaligen Mitarbeiterin Gudrun Penndorf hintergangen gefühlt. Deren Vorgehen wird als in gewissem Umfang verständliche Ausnutzung einer Gelegenheit dargestellt, vom "Asterix-Kuchen" ein größeres Stück abzubekommen.
In dem ganzen Heft wird diese Version - Gudrun Penndorf habe nur die Rohübersetzungen (übrigens auch in Bezug auf Lucky Luke) geliefert und Adolf Kabatek habe daraus die eigentliche deutsche Fassung mit Witz gemacht - als Faktum dargestellt. Dass es hierzu eine Gegenauffassung gibt, die ist mir unter anderem aus den Vorträgen von Gudrun Penndorf in Haltern am See und in Aachen im Rahmen von Asterix-Fantreffen, aber auch aus anderen Publikationen bekannt. Danach habe die Übertragung der Asterix-Texte in das Deutsche einschließlich des Einbaus im Deutschen verständlichen Humors - und insbesondere auch des Spruchs "Die spinnen, die Römer!" - Gudrun Penndorf vorgenommen. In diesen Heften - Begleitheft zur Ausstellung und Heimatblatt - findet diese Gegenauffassung abgesehen von der Erwähnung des Rechtsstreits keine Erwähnung. Das ist gewisslich insoweit verständlich, als dass der Autor des Heftes einer der Söhne von Adolf Kabatek ist. Insofern schreibt er auch bereits im Vorwort - quasi wie ein Disclaimer -, dass seine Betrachtungen nicht objektiv werden sein können, weil der Sohn die Geschichte seines Vaters immer aus einer anderen Perspektive nachzeichnen wird als eine neutrale Person.
Das allerdings lässt den inhaltlichen Wert des Textes für den Asterix-Interessierten schon erheblich sinken, weil dieser doch tendenziös und einseitig bezüglich eines streitigen Umstandes erscheint. Wobei ich sagen muss, dass ich erst hierdurch nun überhaupt erfahren habe, dass Adolf Kabatek die deutschen Asterix-Übersetzungen einschließlich des genannten bekannten Obelix-Spruches für sich reklamiert und die Penndorf'sche Urheberschaft damit nicht unumstritten ist. Wahrscheinlich werden beide Positionen durch den jahrelangen Rechtsstreit beeinflusst sein.
Natürlich bin ich eher geneigt, der Person zu glauben, die ich selbst - wenn auch nur flüchtig, auf zwei Asterix-Fantreffen - kennengelernt habe. Doch das ist eine rein emotionale Sache. Rein faktisch betrachtet, war ich natürlich nicht dabei und wird außer Gudrun Penndorf und dem (1997 verstorbenen) Adolf Kabatek niemand sagen können, wer nun die Idee für welches Wortspiel beigetragen hat und wie genau die Rollen bei der Textentstehung verteilt waren. Es erscheint mir aber doch unwahrscheinlich - auch nach dem, was etwa Klaus Jöken über den Prozess der Entstehung einer Asterix-Übersetzung berichtet hat -, dass Gudrun Penndorf als Übersetzerin allein eine deutsche Rohfassung wörtlich nahe am Original liefern sollte und geliefert hat und alles übrige Adolf Kabatek zufiel. Das passt auch nicht zu der in den Heften - Begleitheft und Heimatblatt - gegebenen Beschreibung der Rolle von Dr. Erika Fuchs bei der Übersetzung der Disney-Comics. Denn für diese wird angegeben, dass sie den Übersetzungsstil geprägt habe und Adolf Kabatek die Übrsetzungen nur korrekturgelesen habe. Weshab dann von Grdrun Penndorf nur Rohfassungen geliefert worden sein sollen, erschließt sich nicht. Dass einzelne Namen, Anspielungen, witzige Formulierungen, Sprüche etc. in Asterix und Lucky Luke hingegen Adolf Kabatek im Rahmen der Textbearbeitung beigesteuert hat, ist sehr wahrscheinlich - er ist ja auch im Impressum für die deutsche Textbearbeitung genannt. Wer in welchem Maße beigetragen hat, wird für Außenstehende aber sicher eine Glaubensfrage bleiben. Dieses Begleitheft bzw. Heimatblatt vom Sohn Adolf Kabateks wirft insoweit die Frage auf, trägt zur Antwort aufgrund der einseitigen Darstellung des natürlicherweise "parteiischen" Autors aber nichts bei.
Für mich persönlich, der auch kein besonderes Interesse an Disney-Comics hat, kann ich letztlich nur sagen, dass ich den Erwerb der mit 5,00 € und 3,00 € (zzgl. 4,00 € Versand) sehr günstigen Hefte trotz ihres wie dargestellt teilweise problematischen Inhalts als lohnend empfunden habe. Mehr Informationen über den für die Geschichte von Asterix in Deutschland jedenfalls bedeutsamen Adolf Kabatek habe ich noch nirgendwo gelesen (was nicht heißt, dass es dazu nicht bereits Literatur geben kann).
Gruß
Erik