Hallo Hedonix,
Hedonix hat geschrieben: ↑18. November 2023 08:18Die vielen Anspielungen auf frühere Bände finde ich auch eher übertrieben. Hier und da ist sowas cool, aber in der Menge weckt es keine Begeisterung mehr bei mir. Man kann sich auch zuviel vor einem Original verneigen. Aber das ist natürlich auch wieder Geschmackssache. Manch einer findet es toll, die ganzen Anspielungen zu entdecken, während ich darin eben keinen Reiz sehe und es schade finde, dass solche Episoden reinkamen, während andere, die die handlung besser erklärt hätten, fehlen. Da hätte ich meine Prioritäten einfach anders gesetzt.
darin stimme ich zu. Ein paar Bezugnahmen oder Anspielungen auf frühere Bände finde ich durchaus gut. Das zeigt, dass die Gallier nicht alles vergessen, was sie erlebt haben, sondern auch Verknüpfungen herstellen. Wenn aber schon gewesene Szenen allzu häufig "kopiert" oder in neuem Gewandt wiedergebracht werden, ist das eine zweischneidige Sache. Handelt es sich um einen Running Gag (Abstürze von Majestix, "Die spinnen, die ..." von Obelix, Helmchen-Spiel etc.), ist das natürlich völlig in Ordnung. Auch sonst kann eine Reminiszenz an eine bestimmte Szene aus einem vorherigen Band durchaus bereichernd sein. Aber wenn das Überhand nimmt, erweckt es den Eindruck der Kopie eines Originals oder auch zu weniger eigener Ideen. Und mir waren es in diesem Band auch ein paar zu viele Déjà-Vus. Das hat mich nicht so wahnsinnig gestört. Aber in der Tendenz wäre hier weniger eher mehr gewesen.
Hedonix hat geschrieben: ↑18. November 2023 08:18Visusversus‘ Konzept bzw. seine plötzlichen Planänderungen erschließen sich mir deshalb auch nicht so recht. Was erhofft er sich eigentlich? Ursprünglich geht es ja nur darum, die Moral der röm. Truppe zu stärken. Dafür hätte es doch gereicht, wenn die Geschichte sich darauf konzentriert, dass (wie) Visusversus dies mit den Legionären in Babaorum schafft, und als Ergebnis hätte man zeigen können, dass die neue positive Grundhaltung nichts am Ergebnis ändert – die Legionäre werden weiterhin verprügelt! Trotzdem hätte Caesar zufrieden sein können, weil seine Legionäre dies nun ohne Moralverlust hinnehmen. Das wäre so vielleicht zu wenig für ein komplettes Album gewesen, aber es wäre eine runde Geschichte. Wieso Visusversus überhaupt seine Methode zu den Galliern trägt, wieso er dann den Plan wechselt und Gutemine nach Lutetia „überführt“ (als Mischung aus „überreden“ und „entführen“ zu verstehen), all das erscheint mir storymäßig doch etwas schwach auf der Brust zu sein.
So wie ich Visusversus verstehe, geht es ihm wder um die Legionäre noch um die Gallier. Er ist Medicus und arbeitet an seiner Methode schon lange. Diese möchte er in die Tat umsetzen und das bedeutet, möglichst viele - am besten alle - Menschen damit zu "beglücken". Was sein Motiv dahinter ist, bleibt dunkel. Es mag eine innere Überzeugung sein, dass ein Leben nach seiner Methode für die Menschen besser ist, es mag Egozentrik sein, dass alle "nach seiner Pfeife tanzen" sollen, oder auch Machtgier, falls er die Beeinflussung möglichst vieler Menschen als Mittel sieht, sie seinen Lehren unterzuordnen, so dass er sich in führender Position befindet.
Jedenfalls aber scheint doch Cäsar für ihn zunächst nur Mittel zum Zweck zu sein. Er dient in Cäsars Armee als oberster Medicus. Also wendet er sich an Cäsar, um den Auftrag zu bekommen, seine Methode bzw. Lehre zu verbreiten und anzuwenden. Davon verspricht er sich sicherlich eine Verbreitung derselben, die er anders nicht erreichen könnte. Die Situation der mangelnden Moral der Legionäre kommt ihm da zufällig gelegen, deshalb preist er seine Methode als Lösung, um die Legionäre wieder unter Kontrolle zu bringen. Wären es aufständische Sklaven, hätte er die Methode vielleicht als Lösung hierfür angeboten und sich aussenden lassen, den Sklaven mit seiner Methode die Erfüllung, welche in der Dienstbarkeit gegenüber ihren Herren liegt, beizubringen.
Dass Cäsar ihm dann gleich im Misserfolgsfall die Hinrichtung im Zirkus androht, setzt ihn natürlich zusätzlich unter Druck.
Bei den Galliern wendet er seine Methode an, weil nach seinem Ansatz eben alle Menschen, nicht nur die Legionäre nach seiner Lehre leben sollten. Er will damit in seinem Sinne beeinflussen. Die Legionäre beeinflusst er dahin, trotz der Angst, besiegt zu werden, anzugreifen oder diese Angst zu überwinden. Die Gallier beeinflusst er, weniger wachsam zu sein und vielleicht auch, der Anwesenhet der Legionäre in ihrer Umgebung gegenüber toleranter. Letztlich mag es sein Ziel gewesen sein, sie soweit zu beeinflussen, dass sie keinen Zaubertrank mehr trinken oder dass sie die römische Herrschaft als gewünschten Fortschritt akzeptieren und sich assimilieren. Da er diesen Plan nicht zuende führen kann, weil die Beeinflussung nicht bei allen so gut klappt, wie er dachte, erfahren wir sein Endziel nicht. Der Ausgangspunkt ist aber, alle Menschen mit seiner Lehre beeinflussbar - und für seine Einflüsterungen zugänglich - zu machen. In gewisser Weise kann er wohl auch gar nicht anbders, weil auch er ein Gefangener seiner eigenen Denkweisen ist (das sieht man ja am Ende auf der Galeere).
Den Plan wechselt er dann, weil er eben bemerkt hat, dass es zuviele Zweifler im Drof gibt (auch der Seher Lügfix hatte diesen Moment, als er sich entschied, auf einer Lichtung im Wald zu bleiben und sich Asterix und Obelix auf Distanz zu halten). Als Gutemine ihm dann von ihrer Sehnsucht, nach Lutetia zu gehen, erzählt hat, kam ihm der neue Gedanke, seine Methode bei ihr - bei der die Beeinflussung besonders gut wirkte - dahin anzuwenden, dass er sie Cäsar zuführt. Damit hätte er diesem bewiesen, dass er mit der Methode Erfolge hervorbringt, indem er ihm eine Unbeugsame als Geisel verschafft, und wäre damit einerseits dem Tod im Circus entgangen und hätte andererseits vielleicht sogar die Gelegenheit erhalten, seine Methode weitflächiger in den von Cäsar beherrschten Bereichen (z.B. seinen Legionen) zu verbreiten.
Verstehen kann ich das soweit schon, meine ich. Ob es überzeugend ist, ist dann wieder eine andere Frage. Und ob es deutlich genug hervortritt, ist eine noch andere. Das ist sicher nicht immer der Fall.
Hedonix hat geschrieben: ↑18. November 2023 08:18Zurück zum Band: Majestix‘ Reaktionen erscheinen mir auch wenig überzeugend. Gutemine besucht ihren Bruder (den er nicht leiden kann), und Majestix interpretiert das als Beziehungskrise – ok, kann man machen.
Na, sie will ja schon etwas mehr als nur ihren Bruder besuchen. Ihr zurückgelassener Zettel ist ja schon soetwas wie eine Trennung auf Zeit. Sie braucht Abstand von ihm. Zwar kündigt sie ihre Rückkehr an, aber für wann und ob sie sich in Lutetia nicht doch anders entscheidet, bleibt für ihn ja offen. Dass er das - auch nach dem "Vorspiel" - als einschneidende Krise in der Ehe erlebt, finde ich überaus verständlich.
Hedonix hat geschrieben: ↑18. November 2023 08:18Aber dass er (er! Der alte Kämpe! Der auch mal cholerisch reagiert) deswegen lethargisch wird und nörgelt wie ein Teenager, passt irgendwie nicht so ganz zu ihm, finde ich. Dass er aufbraust, ja. Und dass er (heimlich) weint, auch klar. Aber dass er lustlos „mir egal“ sagt und sich total verschließt, das sehe ich bei ihm einfach nicht.
Naja, in genau so einer für ihn emotionalen Ausnahmesituation haben wir ihn ja noch nie gesehen. Nicht so ganz unähnlich hat er sich aber ja in "Belgier" verhalten, wo er die ganze Reise über gegrummelt hat, weil er sich über das Unverständnis gegenüber der tiefen Kränkung seines Stammes durch Julius Cäsar verärgert zeigen wollte. Dass er sich also auch für geraume Zeit zurückziehen und "schmollen" kann, ist nichts so ganz Neues. Hier ist es natürlich noch mal stärker überzeichnet. Und auch ich finde das z.T. ein Bißchen übertrieben. Aber einen Bruch oder, dass er jetzt völlig "out-of-character" dargestellt wäre, sehe ich nicht.
Hedonix hat geschrieben: ↑18. November 2023 08:18Dass wohlhabende Gallier auch Sklaven haben, so wie hier z.B. Homöopatix, gefällt mir, weil es realistisch ist. Also eine Art von Realismus, der den Geschichten guttut, wie ich finde. Die Gallier werden so differenzierter dargestellt.
Ja, das ist aber auch schon seit "Der Kampf der Häuptlinge" angelegt, wo dargestellt wird, dass es zwei Arten von Galliern gibt, jene, die weiter so leben wollen, wie bisher und jene, die sich anpassen und als Gallo-Römer verstehen. Zu letzteren gehört Augenblix, aber eben auch Homöopathix. Dass er wie ein wohlhabender Römer Sklaven hält, ist nur logisch. Die Frage, ob auch die Gallier, die ihre Romaisierung (noch) ablehnen, Sklaven halten, bleibt dabei offen. Historisch gesehen war das sicherlich der Fall.
Hedonix hat geschrieben: ↑18. November 2023 08:18Für mich landet „Die weiße Iris“ irgendwo im Mittelfeld, vielleicht sogar im hinteren. Das neue Album ist sichtlich anders als die Bände von Ferry, aber ob es deswegen "besser" ist, scheint mir doch stark eine Geschmacksfrage zu sein. Wenn ich es bewerten oder gar "benoten" sollte, würde es in der Summe letztendlich wohl knapp unter dem Durchschnitt der Ferry-Bände liegen.
Für meine Bewertung der Asterx-Bände vertragen sich schon die beiden Aussagen nicht. Ein Band der unter dem Durchschnitt der Ferri-Bände liegt, wäre für mich nicht im Mittelfeld, sondern ziemlich am unteren Ende der Reihe angesiedelt. Allerdings gefällt mir der neue Band besser als jeder einzelne Ferri-Band, aber weniger gut als jeder Goscinny-Band. Ich würde ihn etwa in der Mitte, vielleicht auch im oberen Bereich der Uderzo-Bände (das sind ja nicht so viele) einordnen. Mit "Der Sohn des Asterix" oder "Der große Graben" kann er vielleicht so gerade mithalten, "Asterix und Latriaviata" überflügelt er hingegen. "Asterix und Maestria" könnte so seine Liga sein; vielleicht toppt er den sogar noch ein wenig - nach meiner Wertung.
Gruß
Erik