Erik hat geschrieben: ↑23. Oktober 2017 18:08
Etwas gewundert hat es mich aber auch, mit welcher Selbstverständlichkeit man im Köngireich Kusch (südlich von Ägypten!) und bei den Normannen (die erst in 700 Jahren wieder kommen und die aremoricanische Küste überfallen wollten) von einem römischen Wagenrennen erfahren und sich zu einer Teilnahme entschlossen hat. Und das kann man eben - wenn man sich daran reibt - nicht so ohne weiteres als Teil des mystischen Elements verstehen, weil hier kein Druide und kein Fakir im Spiel ist und eine übernatürliche Wirkung gar nicht behauptet wird.
In der Quantenmechanik gibt es durchaus schon Experimente, worin sich zwei Teilchen über mehrere Kilometer gegenseitig beeinflussen, was auch die Theorie in Frage stellt, dass sih nichts schneller bewegen kann als mit Lichtgeschwindigkeit. Aber wohl kaum im hier fraglichen makroskopischen Bereich.
Ich persönlich finde es unangemessen, einem Comic, der immerhin Zaubertränke als wesentliches Element enthält, historische Ungenauigkeiten oder Unmöglichkeiten vorzuwerfen.
Michael_S. hat geschrieben: ↑23. Oktober 2017 21:19
Das fände ich aber mehr als grässlich! Ich fande es früher als Kind schon immer seltsam, warum in einem von Hand gezeichneten Comic Maschinenschrift verwendet wird. Stilistisch war das für mich immer ein Bruch und ich bin daher mit dem aktuellen Lettering sehr zufrieden.
Das seh ich genauso.
Michael_S. hat geschrieben: ↑23. Oktober 2017 21:19
Die Piraten sind übrigens auch ein schönes Beispiel dafür, dass es auch Uderzo/Goscinny nicht wirklich genau genommen haben mit dem historischen Setting. Augenklappe, Holzbein und Totenkopfflagge haben nämlich mit antiken Piraten exakt überhaupt nichts zu tun.
Da die Piraten ja eher eine Karikatur einer anderen Comicreihe (Barbe Rouge) darstellen, die ich nicht kenne, muss man die Ursache für Holzbein, Augenklappe un d Totenkopfflagge vielleicht ja hierin suchen.
Hören Sie mal, würde es Ihnen was ausmachen, wenn ich jetzt einfach aufgebe und verrückt werde? (Arthur Dent in "Per Anhalter durch die Galaxis" von D. Adams)
Wer gendert, hat die Kontrolle über seine Muttersprache verloren. (Karla Lagerfeld)
Ich verstehe nicht, warum sich Ferri nicht mal einen Goscinny-Experten zur Seite nimmt, der seine Story durchsieht. In einem Interview erzählten Ferri und Conrad, sie wären Asterix-Fans und würden sich an den "großen" Bänden der mittleren Phase orientieren. Manchmal glaube ich jedoch, sie haben nie zuvor einen Asterixband gelesen. Einiges wurde hier ja schon geschrieben: Wo ist der subtile und hintergründige Humor geblieben? Der neue Band fängt ja noch halbwegs gut an, obwohl mich schon die vielen Faltenstriche in den Umhängen der Senatoren stören. Überhaupt sind Conrads Zeichnungen weniger rund und harmonisch. Aber gut, Conrad ist eben kein Uderzo, Abstriche bzw. Veränderungen im Zeichenstil sind nicht zu vermeiden. Aber die Handlung ist zu dünn. Beim "Seher" wird der Aberglauben des Dorfes auf hohem Niveau mit viel Humor und Ironie vorgeführt, bei den "Italienern" stört mich dagegen die Wahrsagerin, wie auch schon das Horoskop beim "Papyrus" von Apollosix. Zu uninspiriert wird die Handlung aufgenommen. Obelix interessiert sich nun für Dinge, die über sein bisheriges Universum von Wildschweinen, Römern und Hinkelsteinen hinausgehen und er ist geradezu redselig geworden. Das Garum einzuführen ist ja eigentlich nicht schlecht. Aber hat Ferri jemals die "Lorbeeren des Cäsar" gelesen? Dann wüsste er doch, dass Obelix das Gebräu, das Kurzschlus ein "GRRRRAOOOORRR!" und "AAAAAAHH!" entriss und Gracchus auf einen Schlag ernüchterte, nicht einmal als gewürzt empfand, sondern "viel zu fad"! Und dann verkraftet er das Garum nicht? Oder was ist aus Methusalix geworden, den ich mit Äußerungen wie "Ich hab' nichts gegen Fremde. Einige meiner besten Freunde sind Fremde!" verbinde. Naja, und so weiter. Es gibt ein paar gute Bilder im neuen Asterix! Und ein paar witzige Stellen! Insgesamt ist aber der Humor und auch die Handlung im Allgemeinen zu vordergründig. Meilenweit vom Niveau eines Goscinnys entfernt. Dabei wäre es doch sicher möglich, an diese alten Bände etwas mehr anzuknüpfen. Ferri bräuchte einen Berater, einen echten Asterix-Kenner und Goscinny-Versteher.
Michael_S. hat geschrieben: ↑23. Oktober 2017 21:19Andererseits muss ich sagen, dass mir ihr Auftreten (und ihr Absaufen) im aktuellen Band gut gefallen hat und ich es für rundum gelungen halte.
sie landen bei Venedig im Sumpf, wie auch die Normannen. Danach tauchen sie - im Gegensatz zu den Normannen - nicht wieder auf. Haben sie aufgegeben, weil Baba lieber auf Wasserstraßen manövriert? Weshalb haben sie überhaupt teilgenommen, wenn sie so leicht aufgeben? Ich hatte eigentlich bis fast zum Schluss immer noch auf die Pointe mit den Piraten gewartet. Möglicherweise auch, weil ich das Auftauchen dieser Szene (vergeblich) erwartet hatte: http://asterix37.com/wp-content/uploads ... lb37-3.jpg
Ich finde die Idee einer Teilnahme der Piraten mit dem Wagen in Bootsform wirklich gut angelegt. Nur ist das m.E. völlig verschenkt. Ebenso wie es ein unnötiges Dogma ist, dass die Piraten in jedem Band vorkommen müssen, wird es offenbar auch als Dogma angesehen, dass sie nicht mehr als eine Szene bekommen. Hätte man ihnen eine größere Rolle bzw. ein paar mehr Szenen gegönnt, wäre das m.E. reizvoller gewesen.
Hinterwäldlerix hat geschrieben: ↑23. Oktober 2017 23:09Wo ist der subtile und hintergründige Humor geblieben?
Im Grabe Goscinny's. Und für seine Art Humor gibt es wohl kein einfaches Rezept, so dass er nicht ohne weiteres nachahmbar ist.
Hinterwäldlerix hat geschrieben: ↑23. Oktober 2017 23:09Aber hat Ferri jemals die "Lorbeeren des Cäsar" gelesen? Dann wüsste er doch, dass Obelix das Gebräu, das Kurzschlus ein "GRRRRAOOOORRR!" und "AAAAAAHH!" entriss und Gracchus auf einen Schlag ernüchterte, nicht einmal als gewürzt empfand, sondern "viel zu fad"! Und dann verkraftet er das Garum nicht?
Das hat mich allerdings auch sehr gewundert. Offenbar war kein besserer "Vorwand" zur Hand, um Obelix das Belauschen von Bleifus zu ermöglichen.
Gruß
Erik
"Alle sollt ihr noch sehen, daß ich habe recht!" (Erik der Blonde, Die große Überfahrt, S. 5)
WeissNix hat geschrieben: ↑23. Oktober 2017 22:08
Ich persönlich finde es unangemessen, einem Comic, der immerhin Zaubertränke als wesentliches Element enthält, historische Ungenauigkeiten oder Unmöglichkeiten vorzuwerfen.
Michael_S. hat geschrieben: ↑23. Oktober 2017 21:19
Die Piraten sind übrigens auch ein schönes Beispiel dafür, dass es auch Uderzo/Goscinny nicht wirklich genau genommen haben mit dem historischen Setting. Augenklappe, Holzbein und Totenkopfflagge haben nämlich mit antiken Piraten exakt überhaupt nichts zu tun. Bei allem Lob, das man den beiden also für ihre punktell sehr akribischen historischen Recherchen und die Einpassung in einen historischen Kontext machen muss, muss man meines Erachtens doch auch feststellen, dass die gallisch-römische Geschichte für sie selten mehr als ein Aufhänger und zeitlicher Fixpunkt war und vor allem nicht zwangsläufig die primäre Inspirationsquelle. Tour de France ist ja nun einmal auch ganz offensichtlich eine Übertragung eines modernen Phänomens in dieses antike Setting und kein Aufgreifen einer antiken Begebenheit. Überfahrt kommt fast völlig ohne Römer aus und hat damit abgesehen von den gallischen Hauptfiguren überhaupt keine zeitliche Verortung und für Goten wurde die Zeitlinie zumindest sehr stark gebogen, damit West- und Ostgoten gleich neben den Galliern wohnen. Obelix GmbH & Co. KG als Parodie auf die moderne Wirtschaft würde in einer anderen Zeitstellung rein von der Mechanik her genauso gut funktionieren. Von daher kann ich bei den drei neuen Bänden erst einmal noch keine gravierende Abweichung in der Inspiration erkennen.
Das sind alles schon sehr gute Argumente, und das scheint mir eine sehr subjektive, schwer zu begründende Sache meinerseits zu sein.
Aber für mich gibt es eben einen Unterschied zwischen a) einer antiken Welt voller lustiger Anachronismen und b) einer modernen Welt in antiker Kulisse (so wie Fred Feuerstein im Grunde im modernen Amerika, nur in einem steinzeitlichen Gewand, spielt).
Wie Marcus Porcius schon ausgeführt hat, hat Asterix da bisher gefühlt gut die Balance gehalten.
Für mich fühlt es sich weniger falsch an, dass Teams aus aller Welt vertreten, sondern vielmehr wie selbstverständlich damit umgegangen wird.
Um nochmal auf das Beispiel des Fliegenden Teppichs zurückzukommen: Ja, das Fliegen ist für die Menschen ein Phänomen der Neuzeit, das in Form des Teppichs in Asterix' Zeit "geschmuggelt" wurde. Aber für Asterix & Obelix ist es eben auch etwas entsprechend NICHT Alltägliches, etwas Ungewohntes und Beeindruckendes. Die Asterix-Welt ist nicht mit Teppich-Flughäfen ausgestattet, die zum Alltag gehören.
Ich will das Ganze auch nicht unnötig dramatisieren, so schlimm finde ich es jetzt auch wieder nicht. Aber dass Völker aus dem hohen Norden, aus Osteuropa und aus Gegenden südlich von Ägypten "einfach mal so" zu diesem Rennen erscheinen, dass eigentlich nichts weiter ist als ein taktischer Schachzug eines inkompetenten Senators, ist für mich eher ein Schritt in die falsche als in die richtige Richtung.
Troubadix hat geschrieben: ↑24. Oktober 2017 15:44
Wie Marcus Porcius schon ausgeführt hat, hat Asterix da bisher gefühlt gut die Balance gehalten.
Der Besuch in Atlantis und die Ausserirdischen sind Dir entgangen?
Ausserdem ist speziell der noch aus der Feder von Goscinny stammende sehr gute Band "Obelix GmbH & Co.KG" ja nichts anderes als die Übertragung moderner kapitalistischer Marktmechanismen auf die Antike.
Ähnlich "Die Trabantenstadt", worin ja die damals in Frankreich rund um Paris gerade entstehenden Satellitenstädte die Grundidee des Albums lieferten.
Hören Sie mal, würde es Ihnen was ausmachen, wenn ich jetzt einfach aufgebe und verrückt werde? (Arthur Dent in "Per Anhalter durch die Galaxis" von D. Adams)
Wer gendert, hat die Kontrolle über seine Muttersprache verloren. (Karla Lagerfeld)
Troubadix hat geschrieben: ↑24. Oktober 2017 15:44
Wie Marcus Porcius schon ausgeführt hat, hat Asterix da bisher gefühlt gut die Balance gehalten.
Der Besuch in Atlantis und die Ausserirdischen sind Dir entgangen?
Ausserdem ist speziell der noch aus der Feder von Goscinny stammende sehr gute Band "Obelix GmbH & Co.KG" ja nichts anderes als die Übertragung moderner kapitalistischer Marktmechanismen auf die Antike.
Ähnlich "Die Trabantenstadt", worin ja die damals in Frankreich rund um Paris gerade entstehenden Satellitenstädte die Grundidee des Albums lieferten.
Jetzt hör doch mal auf zu diskutieren. Ich habe doch bereits dargelegt, dass das für mich eine gefühlte, subjektive Sache ist, die ich argumentativ schwer begründen kann. Gute Gegenargumente ändern in diesem Fall nix an meiner Wahrnehmung, nennt mich postfaktisch, wenn ihr wollt.
Zudem sind die Argumente, die du jetzt angeführt hast, deckungsgleich mit denen von Michael S., und auf die habe ich bereits mit obigem Post reagiert.
Troubadix hat geschrieben: ↑24. Oktober 2017 17:15
Jetzt hör doch mal auf zu diskutieren.
Jetzt erst recht nicht!
Hören Sie mal, würde es Ihnen was ausmachen, wenn ich jetzt einfach aufgebe und verrückt werde? (Arthur Dent in "Per Anhalter durch die Galaxis" von D. Adams)
Wer gendert, hat die Kontrolle über seine Muttersprache verloren. (Karla Lagerfeld)
Erik hat geschrieben: ↑23. Oktober 2017 18:08
Etwas gewundert hat es mich aber auch, mit welcher Selbstverständlichkeit man im Köngireich Kusch (südlich von Ägypten!) [...] von einem römischen Wagenrennen erfahren und sich zu einer Teilnahme entschlossen hat.
Neu sind die Einwohner Kuschs in der Asterix-Welt eigentlich nicht. Die Nubier(!) tauchen mindestens bei Kleopatra und in der Trabantenstadt auf. Die Kuschiten/Nubier sind also durchaus mit Rom bekannt.
Ich dachte, in Asterix kamen bisher nur Numidier vor?
Die schienen mir immer das Standardvolk zu sein, auf das Goscinny und später Uderzo immer zurückgriffen, wenn sie einen Schwarzen in ihren Geschichten haben wollten.
Goscinny hat den Namen dieses Volkes ja auch für einen genialen Wortwitz in "Trabantenstadt" verwendet.
Christian hat geschrieben: ↑25. Oktober 2017 12:54
Erik hat geschrieben: ↑23. Oktober 2017 18:08
Etwas gewundert hat es mich aber auch, mit welcher Selbstverständlichkeit man im Köngireich Kusch (südlich von Ägypten!) [...] von einem römischen Wagenrennen erfahren und sich zu einer Teilnahme entschlossen hat.
Neu sind die Einwohner Kuschs in der Asterix-Welt eigentlich nicht. Die Nubier(!) tauchen mindestens bei Kleopatra und in der Trabantenstadt auf. Die Kuschiten/Nubier sind also durchaus mit Rom bekannt.
Allerdings ist nicht ganz nachzuvollziehen, warum die bisher nur als Sklaven im Spiel sind, plötzlich aber zwei Prinzessinnen vorbeikommen.
Hallo Zusammen,
Nubien bzw. Kusch dürfte im regen Austausch mit Ägypten gestanden haben, deshalb ist es gar nicht so ungewöhnlich, dass Nachrichten aus der römischen Welt bis dorthin vordringen. Außerdem war die Gleichberechtigung im Reich von Kusch sehr weit fortgeschritten, so dass es ganz selbstverständlich ist, dass zwei Frauen das Land vertreten.
Und der historische Raum Numidien umfasste weite Teile des heutigen Algerien und Tunesien.
Wozu mir gerade spontan auffällt: Eigentlich bemerkenswert, dass Goscinny so kurz nach dem Algerienkrieg bedenkenlos die antike Entsprechung eines Algeriers als Prototyp eines dunkelhäutigen Sklavens verwendete. Natürlich braucht man das nicht zu überpolitisieren, mir schoss es nur gerade so durch den Kopf.
Terraix hat geschrieben: ↑25. Oktober 2017 18:06
Genau wie Troubadix schon sagt, bei Asterix kamen bisher nur Numidier bzw. Numider vor, aber Nubier sind neu.
Gruß, Terraix
Mist, das war aus der Erinnerung. Nubier, Numidier... ;)
Troubadix hat geschrieben: ↑25. Oktober 2017 18:09
Und der historische Raum Numidien umfasste weite Teile des heutigen Algerien und Tunesien.
Wozu mir gerade spontan auffällt: Eigentlich bemerkenswert, dass Goscinny so kurz nach dem Algerienkrieg bedenkenlos die antike Entsprechung eines Algeriers als Prototyp eines dunkelhäutigen Sklavens verwendete. Natürlich braucht man das nicht zu überpolitisieren, mir schoss es nur gerade so durch den Kopf.
Und noch bemerkenswerter ist, dass Numider, also vergleichsweise hellhäutige Bewohner des Maghreb, die Schwarzafrikaner verkörpern bzw. den Zeichnungen nach von Schwarzafrikanern verkörpert werden. Meinten Goscinny und Uderzo also vielleicht doch die Nubier?
Nein, ich denke nicht, um es gleich selbst zu beantworten. Denn die Namenswahl bei Duplikatha (wie heißt der im Original?) ist quasi numidisch - nach Jugurtha (https://de.wikipedia.org/wiki/Jugurtha). Das könnte Marco vielleicht auch noch im Lexikon zu Duplikatha ergänzen (da steht nur "kommt von Duplikat" oder so).
Ich möchte zum eigentlichen Thema des Threads zurückkommen und nun - mit dem nötigen Abstand zum ersten Lesen, einige grundsätzliche Überlegungen anbringen:
Grundsätzlich ist es wohl menschlich, bei Dingen die man früher mochte, das Alte geradezu verklärt zu betrachten und dort großzügig über Schwächen hinwegzusehen, dem Neuen hingegen mit einer gewissen Skepsis zu begegnen. Ein Beispiel außerhalb der Asterix-Welt sind hier die Simpsons: in einschlägigen Foren liest man sehr häufig die Meinung, die Simpsons seien früher mal sehr gut gewesen, aber nach den ersten (beliebige Zahl einsetzen) Staffeln hätten sie stark nachgelassen. Seit geraumer Zeit seien sie weder lustig noch gesellschaftskritisch und die Figuren würden sich teilweise entgegen ihrem Charakter verhalten..
Ich selbst habe erst sehr spät angefangen, die Simpsons zu sehen. Als Kind konnte ich mit diesen merkwürdigen gelben Figuren nichts anfangen. Erst als ich als Erwachsener mal zufällig eine richtig gute, gesellschaftskritische, Folge sah, begann ich sie zu mögen. Und da ich nun diesen verklärten Blick auf die frühen Folgen nicht habe, muss ich sagen, dass mir teilweise die Neueren sogar besser gefallen als die ganz Alten. Was zum Teil wohl auch an der zeichnerischen Darstellung der Figuren liegt (in manchen sehr alten Folgen sehen sie noch etwas unausgeprägt aus).
Eine Parallele dazu aus persönlicher Erfahrung nun zu Asterix. Ich bin mit meinen 40 Jahren zu jung, um bereits zu Goscinny-Zeiten neue Bände kritisch (im Sinne von Rezensionen oder Meinungen zum Band) gelesen zu haben. Mein allererster Asterix-Band war der „Sohn“, den ich als Grundschulkind geschenkt bekam. In der Folge habe ich alle Bände in zufälliger Reihenfolge gelesen (so wie sie eben gerade in der Bibliothek verfügbar waren oder ich sie geschenkt bekam, bzw. etwas später: in der Reihenfolge wie ich sie eben zufällig kaufte). Ich habe deshalb z.B. „Gallier“ und „Sichel“ erst sehr spät gelesen, lange nach „Morgenland“. Nun, Morgenland war als Kind einer meiner absoluten Lieblingsbände – und immer noch steht er in meinem persönlichen Ranking weit oben. Dies wohl auch deshalb, da die Kritikpunkte (fliegende Teppiche, usw.) für mich wie selbstverständlich zum Asterix-Universum gehörten, da ich bereits als unkritisches Kind damit vertraut wurde – damals wusste ich ja noch nichts über die Hintergründe (Goscinny's Tod).
„Gallier“ und „Sichel“ haben mir damals (im Vergleich mit bereits vorher gelesenen genialen Bänden) nicht sehr gefallen und ich halte sie – natürlich im vollen Bewusstsein, dass diese Bände das Asterix-Universum begründet haben, dass die Figuren und der Rahmen damals noch nicht ausgereift waren, usw… - immer noch als eher schwache Bände; nur Latraviata, Kreuzfahrt und Gefahr halte ich für noch schlechter (wobei ich mir bei Latraviata nicht sicher bin, ob das nicht zum Teil an der Übersetzung liegt).
Sogar noch die „Goten“ halte ich nicht für das Meisterwerk, als dass es viele sehen. Es gibt dort zwar legendäre Zitate (herausragendes Beispiel ist hier natürlich: „Sie sind so dumm und ich bin ihr Chef“) und lustige Running-Gags (z.B. der Grenzsoldat, der ständig „falsche“ Invasionen meldet). Aber sonst finde ich die Handlung nicht so herausragend und im Karnutenwald halte ich Miraculix für etwas überheblich („ich bin mir sicher, dass ich gewinnen werde“) – das entspricht nicht dem Bild von Miraculix, dass ich aus späteren (aber vorher gelesenen) Bänden von ihm habe. Und wenn man jetzt kritisiert, dass Asterix grundlos einen Konkurrenten schlägt und Obelix die "Hells Angels" aus dem Rennen wirft, dann halte ich dies geradezu als Kavaliersdelikte im Vergleich dazu, dass bei Goten im vollen Bewusstsein der Folgen einfach mal ganz bewusst ein langjähriger Bürgerkrieg angezettelt wird.
In meinem persönlichen Ranking schlägt beim direkten Vergleich der Erstwerke „Pikten“ den „Gallier“, „Papyrus“ schlägt „Sichel“ und „Italien“ ist eher noch vor „Goten“ angesiedelt. Dieser Vergleich ist natürlich unfair, Ferri/Conrad können auf etwas Funktionierendes aufbauen, Goscinny/Uderzo mussten den Rahmen erst noch erfinden. Aber genauso unfair ist es, die neuen Bände ständig nur mit den besten Goscinny-Alben zu vergleichen.
Wenn ich nun die heutigen Kritiken an die neuen Bände betrachte, dann fällt mir immer der Vergleich mit „Morgenland“ ein: ich denke, tendenziell gefällt „Morgenland“ eher jenen, die den Band noch als Kind unvoreingenommen kennen gelernt haben. Und er missfällt eher jenen, die bereits damals alt genug waren, um bewusst Vergleiche zu früheren Alben zu ziehen.
Ich denke deshalb, wenn ich „Papyrus“ und „Italien“ als Kind kennen gelernt hätte, dann würde ich die beiden Bände wie selbstverständlich irgendwo im Mittelfeld einreihen.
Übrigens: ich habe nun im Zuge der Euphorie des neuen Albums auch „Papyrus“ noch einmal gelesen. Und ich war selbst überrascht darüber, wie gut der Band mir nun, nach zwei Jahren, gefallen hat. Und auch darüber, wie viel von der Handlung und den Zitaten ich in diesen zwei Jahren bereits vergessen hatte. Während mir die Handlung der alten Bände (bis einschließlich Maestria) immer noch sehr gut vertraut ist und ich große Teile davon früher mal beinahe auswendig kannte, ist das bei den neueren Bänden nicht mehr der Fall.
Ich bin mal gespannt, wie gut mir „Italien“ gefallen wird, wenn ich den Band in einigen Monaten wieder in die Hand nehme.
Ich habe ihn nun mehrmals gelesen und er gefiel mir eigentlich bei jedem Lesen besser. Ich kann viele Kritikpunkte nicht nachvollziehen (Methusalix, Cäsar), teile jedoch einen häufig genannten Punkt: die Story selbst plätschert so dahin und hat keine richtige Struktur, im Sinne eines Handlungsstrangs der sich entwickelt, Spannung aufbaut und in einem Höhepunkt mündet. Hier ist es einfach so, dass die Gallier irgendwann im Ziel angelangen und anscheinend nur aus irgendeiner zufälligen Fügung heraus auch noch gewinnen. Vielleicht wäre es gar nicht so schwierig gewesen, dem entgegenzuwirken: wenn nach jeder Etappe die Position in der Rangliste kurz thematisiert und die Siegeschancen erörtert worden wären. Und vielleicht auch unterwegs das eine oder andere mal ein Bezug dazu („wir liegen gerade an fünfter Stelle und müssen aufholen“ oder in der letzten Etappe „wir können das Rennen noch gewinnen“), dann würde der Handlungsstrang mit dem tatsächlichen Sieg ihren Höhepunkt finden.
Ich kann einer weiteren viel gelesenen Aussage sehr viel abgewinnen: es ist wohl tatsächlich so, dass Ferri mehr Seiten benötigen würde, um eine Story gut erzählen zu können. Dass die Karikatur der italienischen Völker etwas untergegangen ist, das ist wohl vor allem auch der für Ferri zu geringen Seitenzahl zuzuschreiben, die es nicht zulässt sowohl Wagenfahrer aus verschiedenen Kulturen zu karikieren (was aus meiner Sicht wirklich sehr gut gelungen ist) und darüber hinaus auch noch die Völker der durchreisten Gebiete.
Wenn man über meinen Hauptkritikpunkt (Handlungsstrang) großzügig hinweg sieht, dann funktioniert der Band für mich sehr gut. Die Gags, die zeichnerischen Details, die Karikierung der Teilnehmer am Rennen (auch jene, auf die nicht näher eingegangen wird: z.B. der Helvetische Wagen), die kurzweilige Handlung (im Sinne, dass ich niemals das Gefühl hatte, eine Szene ziehe sich zu sehr in die Länge oder sei gar nur deshalb eingefügt worden, weil man keine bessere Idee hatte),… usw. Also für mich haben Ferri/Conrad hier sehr vieles gut und richtig gemacht. Natürlich reihe auch ich „Italien“ nicht unter die allerbesten Bände. Aber ich finde es auch vermessen zu glauben, dass es ein neuer Band jemals schaffen könnte, in meine persönlichen Top10 vorzudringen. Bände wie Briten, Legionär, Schweizer etc. (und für mich gehört hier nach wie vor auch Morgenland dazu) wären wohl für jeden unerreichbar. Dies zu einem Teil wohl auch aufgrund meines eigenen, verklärten Blickes auf diese für mich besten Bände.
Schlussgedanke: Ich denke, Ferri und Conrad sollten gar nicht erst versuchen, eingefleischte Fans zufriedenzustellen. Dies ist nämlich ein Ding der Unmöglichkeit. Wie sie es auch machen, es wird immer Kritik geben. Bauen sie auf altbewährte Running-Gags und ähnlich schon da gewesene Witze und Wortspiele: dann heißt es, sie seien ideenlos, es fehle Ihnen der Mut ausgetretene Pfade zu verlassen und es gebe keine Weiterentwicklung der Charaktere und (Bsp. Piraten) einiges wirke als nur deshalb gemacht, weil eben eine Reihe von Pflichtelementen eingebaut werden musste.
Versuchen sie hingegen neue Elemente hineinzubringen, einigen ausgesuchten Charakteren etwas mehr Gewicht zu geben, diese gar weiterzuentwickeln oder mehr in die Handlung einfließen zu lassen, dann kommt der Vorwurf, die Figur würde verfälscht und verhalte sich nicht mehr wie sie selbst (siehe am aktuellen Beispiel Methusalix – oder auch an Obelix) und es fehle die Kontinuität zu den früheren Bänden und überhaupt habe man nicht verstanden, wie Goscinny die Figuren/das Umfeld/die Asterixwelt/... dargestellt hatte.
Die beiden sind aus meiner Sicht gut beraten, wenn sie sich von den Kritiken nicht zu sehr verunsichern lassen und auch in Zukunft einfach nur versuchen, mit bestem Wissen und Gewissen eine schöne und lustige Geschichte zu erzählen, die für sie selbst gut in die Asterixwelt passt. Dies ist ihnen aus meiner Sicht sowohl bei „Papyrus“ als auch bei „Italien“ schon mal gut gelungen (und die Pikten schließe ich hier und jetzt nur deshalb nicht mit ein, weil ich den Band seit 2 Jahren nicht mehr gelesen habe und mich nicht mehr genügend daran erinnere, um mir ein Urteil darüber anzumaßen - wie gesagt hat mir ja auch "Papyrus" jetzt besser gefallen, als ich ihn in Erinnerung hatte).
Michael_S. hat geschrieben: ↑23. Oktober 2017 21:19
Erik hat geschrieben: ↑22. Oktober 2017 23:12
Mit dieser an Uderzo angelehnten Großbuchstaben-Schrift habe ich mich leidlich arrangiert. Die alte "Schreibmascheinenschrift" der uralten SC-Ausgaben war aber deutlich lesefreundlicher und ich wünschte sie mir jedenfalls für die SC-Ausgabe zurück.
Das fände ich aber mehr als grässlich! Ich fande es früher als Kind schon immer seltsam, warum in einem von Hand gezeichneten Comic Maschinenschrift verwendet wird. Stilistisch war das für mich immer ein Bruch und ich bin daher mit dem aktuellen Lettering sehr zufrieden.
Ich stimme Michael_S zu. Seit ich in den 70er Jahren zum ersten Mal einen original-französischen Band in Händen hielt, war ich neben dem festen Einband auch von dem handschriftlichen Lettering begeistert und fand unsere deutschen Gegenstücke seither immer etwas dürftig und stiefmütterlich ausgestattet. Die heutige Schriftwahl empfinde ich zwar auch nicht als perfekt, jedoch deutlich eleganter als die frühere Groß-Kleinschreibung.